Montag, 1. Oktober 2018

Istanbul Türkei 1988 - Teil 4 - Donnerstag, 13.Oktober 1988 - Edirne, erster Halt in der Türkei

Donnerstag,der 13.Oktober 1988

Heute ist der letzte Tag unserer Hinfahrt. Um 6 Uhr 30 heißt es raus aus den Federn. Am liebsten würde ich im Bett bleiben, es hilft aber nichts, man muß aber hoch. Um 7 Frühstück, 7:50 Abfahrt, der Tagesplan muß eingehalten werden. Es klappt nicht so gut mit dem Frühstück, das Wasser für Kaffee und Tee ist noch nicht fertig. Wie kann es auch, von unseren früheren Besuchen in Bulgarien wissen wir, daß das Personal erst um 7 Uhr den Dienst antritt. Dafür sind aber Wurst, Käse, Butter, Marmelade und Brötchen reichlich da.
Es ist interessant die wechselnde Landschaft quer durch Bulgarien zu sehen; im Gebirge immer wieder Schafherden, auf den Feldern Leute bei der Erdnussernte oder in den Dörfern beim Trocknen der Erdnüsse; und dann die Storchennester auf den Kirchtürmen, leider schon leer, und der klare, blaue Himmel.

Kurz vor der Grenze verläuft neben der Straße, durch einen Zaun und Wachttürme gekennzeichnet, ein Zipfel von Griechenland.
12:20 haben wir die Grenze auf der bulgarischen Seite erreicht, und dann endlich um 13 Uhr 10 den türkischen Schlagbaum passiert.
Hier erwartet uns Kaya von "Reform Tour".
Bis Edirne, die erste größere Stadt auf türkischem Boden, sind es nur ein paar Kilometer. Hier werden wir als erstes in ein typisches Speiselokal geführt. Kaya erklärt die einzelnen Gerichte und wir dürfen dann nach Appetit und Neugierde aussuchen. Brot, Salat, Melonen schön angerichtet und Getränke für uns beide zusammen für 23,- DM.
Auch hier, wie überall im Land, die Stehklos, zur Abwechselung mal ohne Türen. Für Frauen mit Hosen, ein Kunststück die Hosenbeine nicht voll zu spritzen. Manche helfen sich, indem sie die Beinlinge hoch krempeln. Die fehlende Tür läßt ein ständiges besetzt, besetzt, erklingen. Unser Hundefrauchen macht es ganz schlau, während wir in der Schlange stehen und warten bis wir dran sind, geht sie einfach mit ihrem Batzi "für Herren". .Natürlich gibt es erst Befremden und Kopfschütteln und dann Gelächter. Ihr Kommentar im besten schwäbisch, ihr müßt halt auch jemand haben über den ihr lachen könnt. Draußen erwarten uns die ersten Straßenhändler und Schuhputzer. Das erste Feilschen beginnt. Es hat sich schnell rumgesprochen, ein Bus mit Touristen aus Deutschland ist da. Aber noch schneller sind die Straßenhändler, fast nur Kinder und Jugendliche, schon vor dem Platz an der Moschee, die wir als nächstes besichtigen wollen, da, nach dem Prinzip von „Hase und Igel“ - ich bin schon da. Sie hängen wie Kletten an uns. Wehe, man läßt sich auf ein Gespräch ein, dann wird man sie nicht mehr los. Victor gibt einigen Kindern 50-Pfg.-Stücke und ich handle 10 Ansichtskarten von 2,- auf 1,- DM runter.
Wir gehen in den Vorhof der Moschee, es ist schon mehr eine Flucht vor den Plagegeistern.
Kaya erzählt uns etwas über die Religion des Islam und den Baumeister der Moschee.
Sinan war der bekannteste Baumeister in der Türkei. Er hat viele kleine und große Moscheen erbaut, aber auch Schulen und Hospitäler. Insgesamt sollen es 320 Bauwerke gewesen sein. Er war schon 83 Jahre alt als er die Moschee in Edirne baute. Sie ist sein Meisterwerk. Kaya erklärt als Beispiel an der Moschee in Enirne wie man den Stifter einer Sultans-Moschee errechnen kann. 4 Minarette mit je 3 Galerien darauf multipliziert ergibt - Süleyman XII - 4 X 3 = 12 soviel weiß ich auch, wie man aber auf Süleymann dabei kommt - dafür muß man zumindest die türkische Geschichte genau kennen.
Was Kaya über die Religion erzählt klingt alles so plausibel und logisch. Zum Beispiel gibt es in den Moscheen keine bildlichen Darstellungen von Gott oder Allah, der Name ist so egal. In jeder Religion gibt es für Gott einen anderen Namen, aber niemand, ob nun Allah, Krishna, Buddha oder Gott, hat ihn je gesehen, also kann auch niemand sagen wie er aussieht. Mohammed, Allahs Prophet, verkündete die 5 Säulen des mohammedanischen Glaubens und wacht über die Einhaltung. Die von uns immer angeführte Vielweiberei war für damalige Zeit eine Notwendigkeit und wird heute auch kaum noch eingehalten. Man ging davon aus, daß ein Mohammedaner mit einer Frau im Höchstfall 10 Kinder haben konnte, die dann seinen Glauben annahmen. Bei 4 Frauen vervielfachte sich die Verbreitung des Islam.
Die 5 Säulen (Gebote) besagen:
  1. Glaube - Es gibt nur einen Gott und Mohammed ist sein Prophet.
  2. Gebet – 5 X am Tag, zu festen Zeiten und auf vorgeschriebene Art beten. Sonnenaufgang, mittags wenn die Sonne Ihren Höhepunkt erreicht hat, am Nachmittag, bei Sonnenuntergang und zur Nachtzeit. Versäumte Gebetszeiten können nachgeholt werden.
  3. Almosen - Jeder Moslem muß 2,5 % von seinem Einkommen für Arme, Witwen und Waisen geben, es können auch arme Verwandte sein. (Bargeld oder Ware) Die Almosen sind keine Steuern sondern ein Darlehen an Allah.
  4. Fasten - Der Fastenmonat heißt Ramadan und ist der 9. Monat im arabischen Kalender. Jeder Moslem ist dazu verpflichtet und darf zwischen Sonnenaufgang und Untergang nicht essen, trinken und sich sexuell betätigen. Er soll dabei lernen seinen Körper zu beherrschen und die Leiden der Armen zu verstehen.
    Das Ende des Ramadan wird 3 Tage lang gefeiert, man trägt neue Kleider, gratuliert sich gegenseitig, besucht ältere Leute und die Gräber verstorbener Familienangehöriger
  5. Pilgerfahrt - Jeder Moslem der gesund ist und es sich finanziell leisten kann, muß einmal im Leben nach Mekka pilgern. Alle Pilger müssen in Mekka gleich gekleidet sein, denn vor Allah sind alle Menschen gleich.

Kaya erklärte auch warum sich ein Moslem vor dem Gebet waschen muß und auf welche Art. Das brauchten wir nicht, mußten aber unsere Schuhe draußen ausziehen. Wir Frauen müssen das Haar mit einem Tuch bedecken. Er erzählt auch warum Männer und Frauen getrennt beten.
Um 15 Uhr 50 fahren wir in Richtung Istanbul weiter. Während der Fahrt bekommen wir wichtige Informationen , Telefon-Nr. und Adressen, den Wechselkurs der TL und vieles mehr. Als ein persönliches Geschenk überreicht er jedem das "Auge der Medusa", es soll vor dem bösen Blick schützen. Ihm selber hat es nicht geholfen. die erste Strecke auf dem Weg nach Istanbul sahen wir weite abgeerntete Sonnenblumenfelder und zum Teil auch wüstes unbebaubares Land. Am Marmara Meer entlang bis zur Stadtgrenze schöne Villen und Eigentumswohnungen, hier wohnen reiche Türken, und davon scheint es mehr als genug zu geben da schon alles zugebaut ist.
Endlich, Istanbul - Byzantion - Konstantinopel - eine Stadt in der Kalifen und Sultane regierten, ein Land aus 1001 Nacht, wird es meinen Vorstellungen gerecht werden?
Es ist schon dunkel und außer dem chaotischen Straßenverkehr ist nichts mehr zu sehen.
Um 20 Uhr sind wir im Hotel Olimpik. Es ist in der Altstadt in Laleli nicht weit vom alten Basar und dem Marmara Meer.
Nach der Begrüßung der eigentlichen Reiseleitung "Gülen", Kaya ist nur eine von ihr bezahlte Vertretung, der die unbequeme Arbeit erledigen muß, legt sie uns nahe, für Freitag und Samstag ein Paket mit Stadtführung, 2 X Mittagessen, 1 X Abendessen mit Folklore und Bauchtanz für 195,- DM zu kaufen. Nachdem wir uns etwas erfrischt haben, gehen wir zum Abendessen in ein kleines türkisches Lokal, einige Straßen vom Hotel entfernt. Wir erwischen einen Tisch für uns alleine, werden sehr zuvorkommend bedient und versuchen uns wieder an der einheimischen Küche. Victor hat an der Grenze gut gewechselt und so bezahlen wir fürs Essen mit Wein und Nachtisch für uns beide nur 28.000 TL - 28,- DM.
Zum Wein hat Kaya gesagt, da die Türken keine Weinkenner sind, kann es vorkommen , daß er nicht gut ist, man soll ihn dann einfach zurück schicken. Es ist nicht nötig. Kurz vor Mitternacht sind wir wieder im Hotel und fallen müde ins Bett.


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