Donnerstag,der
13.Oktober 1988
Heute
ist der letzte Tag unserer Hinfahrt. Um 6 Uhr 30 heißt es raus aus
den Federn. Am liebsten würde ich im Bett bleiben, es hilft aber
nichts, man muß aber hoch. Um
7
Frühstück, 7:50
Abfahrt,
der Tagesplan muß eingehalten werden. Es klappt nicht so gut mit dem
Frühstück, das Wasser für Kaffee und Tee ist noch nicht fertig.
Wie kann es auch, von unseren früheren Besuchen in Bulgarien wissen
wir,
daß
das Personal erst um 7 Uhr den Dienst antritt. Dafür sind aber
Wurst, Käse, Butter, Marmelade und Brötchen reichlich da.
Es
ist interessant die wechselnde Landschaft quer durch Bulgarien
zu sehen; im Gebirge immer wieder Schafherden, auf den Feldern Leute
bei der Erdnussernte oder in den Dörfern beim Trocknen der Erdnüsse;
und dann die Storchennester auf den Kirchtürmen, leider schon leer,
und der klare, blaue Himmel.
Kurz
vor der Grenze verläuft neben der Straße, durch einen Zaun und
Wachttürme gekennzeichnet, ein Zipfel von Griechenland.
12:20
haben
wir die Grenze auf der bulgarischen Seite erreicht, und dann endlich
um 13 Uhr 10 den türkischen Schlagbaum passiert.
Hier
erwartet uns Kaya von "Reform Tour".
Bis
Edirne, die erste größere Stadt auf türkischem Boden, sind es nur
ein paar Kilometer. Hier werden wir als erstes in ein typisches
Speiselokal geführt. Kaya erklärt die einzelnen Gerichte und wir
dürfen dann nach Appetit und Neugierde aussuchen. Brot, Salat,
Melonen schön angerichtet und
Getränke
für uns beide zusammen für 23,- DM.
Auch
hier, wie überall im Land, die Stehklos, zur Abwechselung mal ohne
Türen. Für Frauen mit Hosen, ein Kunststück die Hosenbeine nicht
voll
zu
spritzen.
Manche
helfen
sich,
indem
sie
die
Beinlinge
hoch
krempeln.
Die
fehlende
Tür
läßt
ein
ständiges
besetzt,
besetzt,
erklingen.
Unser
Hundefrauchen
macht
es
ganz
schlau,
während
wir
in
der
Schlange
stehen und warten bis wir dran sind, geht sie einfach mit ihrem Batzi
"für Herren". .Natürlich
gibt es erst Befremden und
Kopfschütteln
und
dann
Gelächter.
Ihr
Kommentar
im
besten
schwäbisch,
ihr
müßt
halt
auch
jemand
haben
über
den
ihr
lachen
könnt.
Draußen erwarten uns die ersten Straßenhändler und Schuhputzer.
Das erste
Feilschen
beginnt.
Es hat
sich
schnell
rumgesprochen,
ein Bus mit Touristen aus Deutschland ist da. Aber
noch
schneller
sind
die
Straßenhändler,
fast
nur
Kinder
und
Jugendliche,
schon vor dem Platz an der Moschee, die wir als nächstes besichtigen
wollen, da, nach dem Prinzip von „Hase und
Igel“
- ich
bin schon da. Sie hängen wie Kletten an uns. Wehe, man läßt
sich
auf ein
Gespräch
ein,
dann
wird
man
sie
nicht
mehr
los.
Victor
gibt
einigen
Kindern
50-Pfg.-Stücke
und
ich
handle
10
Ansichtskarten
von 2,- auf 1,- DM
runter.
Wir
gehen in den Vorhof der Moschee, es ist schon mehr eine Flucht vor
den Plagegeistern.
Kaya
erzählt uns etwas über die Religion des Islam und den Baumeister
der Moschee.
Sinan
war der bekannteste Baumeister in der Türkei. Er hat viele kleine
und große Moscheen erbaut, aber auch Schulen und Hospitäler.
Insgesamt sollen es 320 Bauwerke gewesen sein. Er war schon 83 Jahre
alt als er die Moschee in Edirne baute. Sie ist sein Meisterwerk.
Kaya erklärt als Beispiel an der Moschee in Enirne wie man den
Stifter
einer Sultans-Moschee errechnen kann. 4 Minarette mit je 3 Galerien
darauf multipliziert ergibt - Süleyman XII - 4 X 3 = 12 soviel weiß
ich auch, wie man aber auf Süleymann dabei kommt - dafür muß man
zumindest die türkische Geschichte genau kennen.
Was
Kaya über die Religion erzählt klingt alles so plausibel und
logisch. Zum Beispiel gibt es in den Moscheen keine bildlichen
Darstellungen von Gott oder Allah, der Name ist so egal. In jeder
Religion gibt es für Gott einen anderen Namen, aber niemand, ob nun
Allah, Krishna, Buddha oder Gott, hat ihn je gesehen, also kann auch
niemand sagen wie er aussieht. Mohammed, Allahs
Prophet,
verkündete die 5 Säulen des mohammedanischen Glaubens und
wacht
über die Einhaltung. Die von uns immer angeführte Vielweiberei war
für damalige Zeit eine Notwendigkeit und wird heute auch kaum noch
eingehalten. Man ging davon aus, daß ein Mohammedaner mit einer Frau
im Höchstfall 10 Kinder haben konnte, die dann seinen Glauben
annahmen. Bei 4 Frauen vervielfachte sich die Verbreitung des Islam.
Die
5 Säulen (Gebote) besagen:
- Glaube - Es gibt nur einen Gott und Mohammed ist sein Prophet.
- Gebet – 5 X am Tag, zu festen Zeiten und auf vorgeschriebene Art beten. Sonnenaufgang, mittags wenn die Sonne Ihren Höhepunkt erreicht hat, am Nachmittag, bei Sonnenuntergang und zur Nachtzeit. Versäumte Gebetszeiten können nachgeholt werden.
- Almosen - Jeder Moslem muß 2,5 % von seinem Einkommen für Arme, Witwen und Waisen geben, es können auch arme Verwandte sein. (Bargeld oder Ware) Die Almosen sind keine Steuern sondern ein Darlehen an Allah.
- Fasten - Der Fastenmonat heißt Ramadan und ist der 9. Monat im arabischen Kalender. Jeder Moslem ist dazu verpflichtet und darf zwischen Sonnenaufgang und Untergang nicht essen, trinken und sich sexuell betätigen. Er soll dabei lernen seinen Körper zu beherrschen und die Leiden der Armen zu verstehen.
Das Ende des Ramadan wird 3 Tage lang gefeiert, man trägt neue Kleider, gratuliert sich gegenseitig, besucht ältere Leute und die Gräber verstorbener Familienangehöriger - Pilgerfahrt - Jeder Moslem der gesund ist und es sich finanziell leisten kann, muß einmal im Leben nach Mekka pilgern. Alle Pilger müssen in Mekka gleich gekleidet sein, denn vor Allah sind alle Menschen gleich.
Kaya
erklärte auch warum sich ein Moslem vor dem Gebet waschen muß und
auf welche Art. Das brauchten wir nicht, mußten aber unsere Schuhe
draußen ausziehen. Wir Frauen müssen das Haar mit einem Tuch
bedecken. Er erzählt auch warum Männer und Frauen getrennt beten.
Um
15 Uhr 50
fahren
wir in Richtung Istanbul weiter. Während der Fahrt bekommen wir
wichtige
Informationen , Telefon-Nr. und Adressen, den Wechselkurs der TL und
vieles mehr. Als ein persönliches Geschenk überreicht er jedem das
"Auge der Medusa", es soll vor dem bösen Blick schützen.
Ihm selber hat es nicht geholfen. die erste Strecke auf dem Weg nach
Istanbul sahen wir weite abgeerntete Sonnenblumenfelder und zum Teil
auch wüstes unbebaubares Land. Am Marmara Meer entlang bis zur
Stadtgrenze schöne Villen und Eigentumswohnungen, hier wohnen reiche
Türken, und davon scheint es mehr als genug zu geben da schon alles
zugebaut ist.
Endlich,
Istanbul - Byzantion - Konstantinopel - eine Stadt in der Kalifen und
Sultane regierten, ein Land aus 1001 Nacht, wird es meinen
Vorstellungen gerecht werden?
Es
ist schon dunkel und außer dem chaotischen Straßenverkehr ist
nichts mehr zu sehen.
Um
20 Uhr sind wir
im
Hotel Olimpik. Es ist in der Altstadt in Laleli nicht weit vom alten
Basar und dem Marmara Meer.
Nach
der Begrüßung der eigentlichen Reiseleitung "Gülen",
Kaya ist nur eine von ihr bezahlte Vertretung, der die unbequeme
Arbeit
erledigen muß, legt sie uns nahe, für Freitag und Samstag ein Paket
mit Stadtführung, 2 X Mittagessen, 1
X
Abendessen mit Folklore und Bauchtanz für 195,- DM zu kaufen.
Nachdem wir uns etwas erfrischt haben, gehen wir
zum
Abendessen in ein kleines türkisches Lokal, einige Straßen vom
Hotel entfernt. Wir erwischen einen Tisch für uns alleine, werden
sehr
zuvorkommend
bedient und versuchen uns wieder an der einheimischen Küche. Victor
hat an der Grenze gut gewechselt und so bezahlen wir
fürs
Essen mit Wein und Nachtisch für uns beide nur 28.000 TL - 28,- DM.
Zum
Wein hat Kaya gesagt, da die Türken keine Weinkenner sind, kann es
vorkommen , daß er nicht gut ist, man soll ihn dann einfach zurück
schicken. Es ist nicht nötig. Kurz vor Mitternacht sind wir wieder
im Hotel und fallen müde ins Bett.
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