Montag, 1. Oktober 2018

Istanbul Türkei 1988 - Teil 5 - Freitag, 14. Oktober 1988 - Angekommen in Istanbul


Freitag, der 14. Oktober 1988

Wir haben gut geschlafen, bis auf den ersten Morgenruf - Allah ist der Größte – Um 5 Uhr früh erschallt es von allen Minaretten Istanbuls, wie ein Ruf mit vielen Echos. Danach schlafen wir aber wieder ein und erwachen erst kurz vor sieben. Unser 3-Bett-Zimmer ist sehr klein, wenn wir aus dem Bett steigen, müssen wir die Füße gleich schräg stellen, denn mehr Platz ist nicht zwischen den Betten. Der Balkon geht irgendwo zum Hinterhof raus und man kann im Nachbarhaus den Familien in den Kochtopf gucken. Im übrigen ist das Zimmer aber sauber und wir können nicht klagen.
Zum Frühstück gibt's Brot, Butter, Käse, Marmelade oder Honig und grünen Tee. Gestern hat' s noch Ärger gegeben wegen Batzi und seinem Frauchen. Für Hunde ist der Zutritt zum Hotel verboten. Den Vorschlag Batzi in den Heizungskeller zu bringen, hat sein Frauchen abgelehnt. Wo sie jetzt untergebracht ist, wissen wir nicht.
Um 8 Uhr beginnt die Stadtrundfahrt und als erstes ist die "Blaue Moschee oder Sultan Ahmet Moschee" auf dem Plan. Heute haben wir Frauen unsere eigenen Kopftücher dabei und hier wird es garnicht so streng genommen. Blaue Moschee heißt sie, weil sie innen mit wunderschönen blau-grünen Kacheln ausgestattet ist.
Um die Blaue Moschee rangt sich eine Sage: sie hat als einzige Istanbuler Moschee 6 Minarette. Als Sultan Ahmet I. zu seinem groben Pilgerzug nach Mekka aufbrach, gab er seinem Baumeister den Auftrag eine Moschee mit goldenen Minaretten zu bauen.
Der Baumeister, ein Schüler von Sinan, merkte, daß das Geld dafür nie reichen würde. So baute er nun einfach eine mit 6 Minaretten, denn Gold und sechs haben in der Türkischen Sprache den selben Gleichklang. Der Sultan war bei seiner Heimkehr sehr aufgebracht als er steinerne Türme erblickte, verzieh seinem Baumeister aber großzügig. Nun tauchte aber das nächste Problem auf. Nur die Moschee in Mekka durfte 6 Türme haben und so stiftete Ahmet um auf seine 6 Minarette nicht verzichten zu müssen für Mekka das siebente Minarett.
Man kann die Pracht nicht beschreiben, wenn die Sonne sich in den bunten Glasfenstern bricht. Der ganze große Raum ist mit Teppichen ausgelegt, die alle irgend jemand gestiftet hat. Seit 1978 ist in der Sultansloge ein Teppichmuseum.
Zu jeder Moschee gehört auch ein soziales Zentrum. Es besteht aus einer Koranschule, Armenküche, Hospital, u.s.w. und das imponiert uns besonders.

Von der Blauen Moschee geht es weiter bis zur Galata-Brücke über das Goldene Horn. Es teilt das europäische Istanbul in zwei Teile. Auf der europäischen Seite befinden sich 7/10 und auf der asiatischen Seite 3/10 der Stadt. Vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten überqueren wir die Bosporus-Brücke und sind nun in Asien. Eigentlich habe ich mir das ganz anders vorgestellt. Ein anderer Erdteil, man merkt nichts davon. Die Menschen sehen genauso aus wie drüben, die Häuser sind die gleichen. Muss man so einen Schritt zu Fuß oder wenigstens mit einem nicht so alltäglichen Verkehrsmittel wie einem Bus machen?
Wir besuchen eine Knüpfschule. Hier werden junge Mädchen praktisch wie bis zur Meisterprüfung gebracht, müssen allerdings das Knüpfen schon gut beherrschen. Sie arbeiten in der Zeit, die sie hier verbringen 3 Teppiche, einen für sich und zwei für den Basar 54. Es ist eine staatliche Institution, die die Ausbildung der Mädchen finanziert und mit ihren Arbeiten Devisen für den Staat kassiert. Es werden die bekannten Hereke-Teppiche aus Naturseide geknüpft. Ein Teppich hat pro Quadratmeter 1.000.000 Knoten und ein Mädchen braucht ca. 2 1/2 Jahre dafür.

Wieder in Europa, auf zum Topkapi Palast. Leider lässt Gülen uns hier viel zu wenig Zeit. Für die Schatzkammer 30 Minuten und für die berühmte Porzellansammlung, die aus sehr schönen alten Stücken aus China und der übrigen Welt besteht, auch nicht mehr.



Wieder in den Bus rein, auf zurSüleyman Moschee“. Sie wurde von 1550 - 1557 erbaut und ist das bedeutendste osmanische Bauwerk in Istanbul. Sie steht auf einen der Sieben Hügel der Stadt auf einem heute nicht mehr vorhandenen Sultanspalast. Sie besteht aus drei Teilen: Außenhof, Innenhof und einem Kuppelbau als Gebetsraum. Um den Außenhof liegen weitere Bauten: die frühere Akademie, Karawanserei, Spital, Arzneischule, Armenküche und Bäder. Unter der Kuppel im Gebetsraum hängen schwarzbemalte Straußeneier. Ihr Geruch soll das Netzweben der Spinnen verhindern. Östlich der Moschee befindet sich ein interessanter Friedhof, auf dem sich die Gräber von Süleyman I. und seiner russischen Frau „Roxane befinden. Gegenüber der Moschee, auf der anderen Straßenseite sind in einer Gasse alte verkommene Häuser, die noch richtige Haremsfenster haben, aus denen die Frauen raussehen konnten ohne selber gesehen zu werden. Ich kaufe mir ein türkisches Kochbuch in deutscher Sprache und bin stolz, weil ich es etwas runterhandeln kann.

Kauf eines deutschsprachigen Kochbuchs auf dem Basar

Wieder in den Bus rein, durch den dicksten Verkehr zu einer Lederfabrik. Im Bus haben die Meistenja“ geschrien als Gülen fragt,ob sie billig Lederwaren einkaufen wollen. Billig ist ein weiter Begriff. Die Sachen sind gut,haben aber auch ihren Preis und auf keinen Fall preiswert. Endlich, nachdem Gülen sich erst schön nach Hause fahren läßt und wir mal wieder im schönsten Feierabendverkehr nach über einer Stunde im Schritttempo im Hotel landen, sind wir vollkommen erschöpft. 20 Uhr 30 schon ziemlich lustlos brechen wir zum Bauchtanz auf. Was uns nun erwartet: ein Riesensaal mit langen Tischen und Massenabfütterung, sehr laute Musik. Victor steckt sich Serviettenstückchen in die Ohren, na, und der Bauchtanz ist mies, drittklassig, wir haben schon viel besseren gesehen, sogar bei uns in Stuttgart. Nur eine Tscherkessen-Gruppe ist sehr gut und verdient unseren Beifall. Das Essen ist nicht schlecht, Salat, gebackene Auberginen, Joghurtsoße, Fleisch und Reis. Der Nachtisch besteht aus Melonen und Trauben und ist sehr dekorativ angerichtet dazu gibt es pro Kopf eine halbe Flasche Wein. Victor sieht so seltsam aus und ich frage paar mal ob ihm etwas fehlt. Seine Antwort, ich bin nur müde, wenn er das zugibt will es schon was heißen. Der beste Beweis, als unsere Alleskäuferin, eine, die alles kauft, einfach nur um zu kaufen, sich ohne Rücksicht auf die Bühne drängt und mittanzen will, weiß er am nächsten Tag nichts davon. Er hat mit offenen Augen geschlafen. Nach einer Fahrt durchs nächtliche Istanbul, bei dem wir beim besten Willen nichts mehr aufnehmen können, geschweige was erkennen, kommen wir weit nach Mitternacht ins Hotel zurück.

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